Schön, dass ihr wieder hier seid.
Heute möchte ich euch auch die österreichische Plus Size Community näher zeigen. Hier in Wien – oder eigentlich in ganz Österreich – steh ich immer ziemlich allein da, wenn es ums Plus Size Modeln geht. In Deutschland ist die Zahl der Models ja noch überschaubar, hier in Österreich kann man sie an ein oder zwei Händen abzählen. Umso wichtiger ist mir und der kleinen Community hier, dass „Plus Size“ auch in Österreich ein größeres Thema wird.
Eine wichtige und vor allem auch erfolgreiche Pionierin ist hier Corinna Pumm. Ich freu mich sehr, dass ich sie interviewen durfte.
Name: Corinna Pumm
Alter: 20+ 😉
Wohnort: Wien
Hauptberuf: Schauspielerin
Konfektion: im Moment 40/42
Blog: http://www.facebook.com/plussizemodelcorinnapumm & http://www.corinnapumm.eu
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(c) Bianca Kübler |
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Wie bist du zum Plus Size Modeln gekommen?
Verschiedene Projekte: Lifeball Stylebible Shooting 2008, Manfred Baumann Shooting 2012, New Comer Model 2012 in Wels, Modelschool, TFP Shootings, Stor, Über Facebook viele Anfragen, verschiedene Agenturen…
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Was waren die ersten Reaktionen aus deinem Umfeld? Gab es (auch) negative Reaktionen?
Nur positive Reaktionen.
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Was ist deine Hauptmotivation zu modeln? Was magst du daran?
Siehe Punkt 4
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Verdienst du damit „Geld“ oder bekommst du etwas dafür von z.B. Kunden/Labels? Ist das eine Motivation – damit einmal Geld zu verdienen?
Ja ich verdiene Geld, aber nicht viel. Das ist meine geringste Motivation. Klar ist es schön zu wissen, man verdient auch Geld damit, weil es auch eine Form der Wertschätzung seiner Arbeit ist, aber meine vorrangige Motivation ist die Freude und den Spaß, den es mir und den Zuschauen oder Betrachtern bringt. Wenn du in deren Augen siehst „Hey das könnte ich sein!“ oder „Mah ich schau genauso aus, endlich mal eine normale Frau, endlich mal Kurven,…“
Und das Strahlen, dass ich in deren Augen erzeugen kann.
Ich liebe es, zu guter Musik Mode zu präsentieren, es macht einfach Spaß.
Eine weitere Motivation ist eben die Message: >>Liebe dich und deinen Körper, steh zu dir. Du bist genauso hübsch und besonders und toll, wie die dünnen Models – denn die sind genauso Menschen wie wir alle.<<
Das war auch damals meine größte Motivation mich bei Manfreds Bauman „Nude Art“ Kalender zu bewerben. Also ist das Modeln auch Balsam für meine Seele und auch dazu da, mir ein Mut machen, mich zu lieben wie ich bin und zu mir zu stehen und mich sexy, erotisch und schön zu finden.(c) Bianca Kübler (c) Bianca Kübler -
Was würdest du sagen unterscheidet dich von klassischen Models?
Nichts, außer meine Konfektion.
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Wie stehst du zur Bezeichnung „Plus Size“?
Prinzipiell stört mich die Bezeichnung Plus Size oder Übergrößenmodel nicht, allerdings bin ich der Meinung, dass es nicht ab Konfektion 40 (oder in Italien ab 38 !!!) beginnen sollte, sondern ab 44.
Allein das Medium=38 ist und schon Large= 40 ist, ist heftig.
Normal wäre für mich S=38, M=40, L=42, XL=44
Size Zero sollte endlich kein Ziel mehr sein. Barbies und Schaufensterpuppen sollen endlich normale Proportionen haben. (Ja, ich weiß, dass es beides schon gibt, aber immer noch zu selten und immer noch exotisch). -
Hast du persönliche „Problemzonen“, die du nicht so magst?
Hm…. Ehrlich gesagt fehlt mir jetzt nichts ein.
Manchmal finde ich meinen Busen (Körbchen D/E) zu groß, aber er passt ansich zu meinem Popo, also passt es auch wieder.
Aber ich würde nichts als Problemzone bezeichnen, eher als das, was mir an meinem Körper auffällt. Denn „Problemzone“ kommt ja wieder aus dem heraus, das man irgend einem Ideal, das von der Industrie und Gesellschaft vorgegeben wurde, wieder nicht entspricht.
Aber überleg einmal, was für ein Wunder unser Körper ist. Was er alles kann und macht. Allein wie wir atmen und das wir atmen; dass wir auf zwei Beinen stehen können und gehen und diese unser ganzes Gewicht tragen, dass uns Haare auf dem Kopf wachsen, das wir sehen können, riechen können, und und und. Und zu guter Letzt, dass wir sogar Leben in die Welt setzen können.
Unser Körper ist ein Wunder! Also was sind angesichts dieser Tatsachen schon Problemzonen und Ideale? Und wieso verstehen wir nicht, dass jeder Körper anders ist? Und dass das eigentlich was tolles ist, weil es eine Vielfalt zeigt und dass wir keine Kopie von einander sind. -
Was magst du an dir besonders gern?
Alles 🙂 Aber besonders mag ich meine Augen; meine Haare, weil ich von Natur aus ein sehr schönes lichtblond habe; meine Proportionen, weil die die perfekten Maße haben – das heißt der Popo passt zu meinem Busen und umgekehrt 🙂 Und seit meinem Geburtstag im November liebe ich besonders mein Tatoo unterhalb vom Bauch!! **Herzerl in den Augen** Auf das bin ich sehr stolz, weil es mir nicht nur gefällt, sondern auch Kraft, Liebe, Stärke und Licht symbolisiert, sowie den Glauben an das Gute in jedem Menschen und dass man in dem man Jedem Respekt und Liebe entgegenbringt, die Welt besser macht und „rettet“.
Wer Böses denkt, dem wird Böses begegnen. -
Würdest du sagen du liebst dich so wie du bist?
Im Großen und Ganzen ja. Wenn mal was nicht so läuft oder man enttäuscht wird von Leuten in seiner Umgebung und man beginnt an sich zu zweifeln, dann weniger.
(c) Bianca Kübler (c) Bianca Kübler -
War das schon immer so?
Nein, erst seit etwa 5 Jahren, wo ich beschlossen habe zu mir und vor allem meinem Körper zu stehen. Das war auch der Beginn als Plus Size Model aktiv zu werden. Denn bis zu meinem Mittzwanzigern, habe ich mich gehasst dafür, dass ich anders bin und als nicht hübsch gelte, nur weil ich 15 kg mehr habe oder 2-3 Konfektionen mehr. Ich habe mich sehr gasteit und viele Diäten hinter mich gebracht. Doch durch mein Unglücklichsein, hatte ich den Hang zum Frustfressen.
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Wie hast du es geschafft?
Ich glaube einerseits durch das Modeln und andererseits auch sehr durch eine Beziehung, die ich die letzten Jahre hatte.
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Glaubst du man kann es lernen sich selbst zu lieben? Woher glaubst du kommt der Unterschied im Selbstwert von Menschen?
Ja man kann es lernen, aber alles beginnt nicht in der Ernährung oder dass man jeden Tag sportelt, sondern für mich ist das alles eine Frage der Psyche. Löst man im Kopf und in der Seele seine Probleme und Sorgen und vor allem die Muster und Denksätze, die sich im Lauf des Lebens anhäufen (wie zum Beispiel in meinem Fall als ich 10 war und mir die Jungs und die Lehrer in der Schule sagten, ich sei dumm und hässlich und bekäme nie einen Mann ab, weil ich so grauslich bin), dann geht alles von alleine, weil man dann automatisch seine Ess- und Bewegungsgewohnheiten verändert.
Man braucht nicht um Mitternacht noch ein Butterbrot oder eine Tafel Schokolade, weil man sich so leer fühlt.
Aber das sei jetzt nur ein Beispiel, anhand von mir selber.
Wichtig ist, sich als Individuum und als etwas Besonderes und einzigartig anzusehen. Jeder ist anders, jeder Körper ist anders und irgendwann lernt man diese dummen Glaubenssätze, die die Werbung und Medien uns vermitteln auszublenden – so etwas wie: sie ist dünn, das heißt sie ist hübsch, erfolgreich und hat einen tollen Mann verdient. -
Warst du schon immer „Plus Size“ oder gab es einen Grund für eine Gewichtszunahme?
Im Grunde bin ich „Plus Size“ seit meiner Pubertät und ich nahm stetig zu – trotz oder wegen den Diäten.
In den letzten Monaten nahm ich eher ab, leider – aber ist auch in Ordnung. Ich nahm einfach ab, ich denke ich hatte eine sehr erfüllte Zeit und hatte wenig Lust zu essen. -
Hast du jemals eine Situation erlebt, wo du dich durch dein “Übergewicht“ eingeschränkt oder weniger wertgeschätzt gefühlt hast? Magst du davon erzählen?!
Ja sehr oft, obwohl ich mittlerweile sagen muss, dass ich mir nicht sicher bin, ob dass nicht nur meine bösen Stimmen und Filme in meinem Kopf waren.
Ich hatte lange Zeit Probleme in der Öffentlichkeit zu essen. Buffets waren immer ein Graus für mich weil ich mir oft dachte, die Leute denken: Schau wie grauslich die Dicke isst. Und schau was sie ist, da ist klar warum die so aussieht.“ Ich habe mich einfach sehr oft grauslich gefühlt.
Oder wenn mich Männer sitzen ließen, war ich mich oft sicher, es war weil ich eben nicht hübsch genug bin und eher der Kumpeltyp, weil ich pummelig bin.
Ich hab mich früher nie als fraulich oder weiblich angesehen. Im Gegenteil: ich wollte immer androgyn sein, so wie die Models im Fernsehen und Zeitschriften. Ich war in meinem Kopf immer ein Mäderl und keine Frau, durch mein Übergewicht.
Und natürlich passiert es immer wieder, dass man Rollen nicht bekommt, weil man zuviel auf den Rippen hat.
Ich habe auch unlängst von einem Bekannten gehört der meinte, würde ich noch 15 kg abnehmen (zu meinem schon verlorenen 10 kg), dann wäre ich eine der hübschesten Schauspielerinnen… Hm nur wegen den Kilos? Unangenehm was damals auch mein erstes Modelcasting für den Lifeball. Ich war das einzige Plus Size Model dort und alle sahen mich an, als ob ich mich verlaufen hätte und fehl am Platz wäre.
Aber wie gesagt, ich weiß nicht, wieviel Kopfkino da mit gespielt hat.
Und eine weitere Situation, die mir einfällt, die mich damals als ich 18 war sehr geprägt hatte, war das Gespräch mit einem Intendanten, bei dem ich gerade nach meiner Matura eine Hospitanz im Theater gemacht hatte und der mir erklärte, dass ich so, wie ich aussähe, niemals eine Julia (von Romeo und Julia) spielen könnte. Da dachte ich mir auch warum eigentlich?
Ich meine klar es stimmt schon, man muss sich seines Typs bewusst sein, aber ich bin sehr gegen diese klischeehaften Rollenbesetzungen.
Ich bin der Meinung auf der Theaterbühne will man Menschen, Persönlichkeiten, Charaktere sehen.
Und auf dem Catwalk, Models die Mode für Jederfrau und Jedermann präsentiert. Und das Schöne ist, die Menschen sind unterschiedlich. Und so sollten auch die Models der Zukunft sein, meiner Meinung nach. Nicht alle 1,80 groß und 90-60-90. Und ja mir ist klar, dass man die Models als lebenden Kleiderständer sieht, aber dann soll man doch Kleiderständer hinstellen und nicht Menschen, die sich zum Kleiderständer hungern.Modenschau bei der Filzmooser Genußnacht Selfie ohne MakeUp 🙂 Ein Tag nach der Modenschau in
Filtmoos (Filzmooser Genußnacht)
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Hast du schon einmal eine Diät gemacht bzw. etwas gegen dein „Übergewicht“ unternommen?
Ja früher in meiner Jugend sehr sehr oft – ohne Erfolg.
Weight Watchers Punkte zählen, Kohlsuppendiät, …Seit etwa 5 Jahren esse ich, was ich will und wenn ich mich mal nicht so wohlfühle, dann versuche ich mehr Wasser oder Tee zu trinken. Eine Waage habe ich schon lange nicht mehr 😛 -
Würdest du dich schlank wünschen, wenn du könntest?
So wie ich jetzt bin fühle ich mich sehr wohl 🙂 Als Privatperson würde ich gerne so bleiben, in meinem Job wäre es allerdings mehr von Vorteil, wieder mehr zu wiegen. Aber ich fühle mich gerade mit meinen 40/42 sehr wohl.
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Hast du Tipps für Mädels/Jungs, die auch (Plus Size) Modeln möchten?
Erfahrung sammeln zum Beispiel bei TFP Shootings (aber Achtung vor Blendern, immer gut recherchieren und Arbeiten ansehen), sich bei den Agenturen bewerben mit guten Fotos, zu Hause vor dem Spiegel Posen üben und auch Laufen üben;
Grundausstattung eines Models sollte sein:
Strümpfe in hautfarben und schwarz
Schwarze Pumps
Hautfarbene Pumps
(ggf auch weiße Pumps)
und hautfarbene Unterwäsche
Sehr zu empfehlen sind auch Schulungen beispielsweise bei der Modelschool (die auch eine Agentur haben) – http://www.modelschool.at -
Was würdest du sagen, ist die wichtigste Botschaft, die du als Plus Size Model/Bodypositivity-Unterstützer gern vermitteln würdest?
Liebe dich selbst und deinen Körper. Du bist schön, wie du bist, denn die Schönheit kommt von Innen. Ausstrahlung ist alles und wenn du dich selber liebst und deinen Körper, dann strahlst du von Innen her.
Schönheit lässt sich nicht an Körpermaßen und Konfektion messen.
Wir sind genauso schön, erotisch, erfolgreich und liebenswert, wie andere Frauen – unabhängig von der Konfektion.Ich hab bei Bodylove soviele wunderhübsche Mädchen und Frauen kennengelernt zum Beispiel, wunderhübsche Gesichter, strahlende Augen und Ausstrahlung.
(c) Stefan Nützel (c) Bianca Kübler -
Hast du ein Vorbild, das dich in deiner Modeltätigkeit bestärkt?
Ehrlich gesagt: nicht wirklich.
Aber was mich bestärkt, ist meine Freude, die ich am Modeln hab und an der Energie und Freude die zurückkommt, wenn ich Mode präsentiere, weil man spürt, die Leute können sich oft besser damit identifizieren und freuen sich, wenn man „normale“ Frauen, Mode präsentieren.
Und mein Vorbild ist jedes PS Model, das seinen Weg geht, und eine tolle Message rüberbringt. -
Wie sieht dein weiterer Weg aus? Hast du geplante Projekte, Pläne, Wünsche im Zusammenhang mit dem Plus Size Modeln?
Ich hätte gerne mehr Aufträge noch in ganz Österreich, aber auch in Deutschland.
Und einer meiner größten und schon längeren Träume ist bei der Vienna Fashion Week zu laufen: für Alwa Petroni oder Lena Hoschek zum Beispiel.
Außerdem würde ich wahnsinnig gerne einmal oder gerne auch öfter für Guido Maria Kretschmer laufen. Oder noch frecher gedacht vielleicht ja als Muse, wie Karl Lagerfeld deine Beth Ditto als Muse hatte 😛
Außerdem gibt es da noch einen großen Plan und Wunsch, aber den möchte ich noch geheim halten 🙂 Sollte der Plan aufgegangen und erfolgreich umgesetzt worden sein, erzähle ich davon, sollte es mir nicht gelungen sein, aus welchem Grund auch immer werde ich auch erzählen, was der Plan gewesen wäre 😉
Liebe Corinna 🙂 seit ich mit dem Plus Size Modeln begonnen habe, beobachte ich deine Arbeit. Ich finde du strahst unglaublich viel Freude und Zufriedenheit aus. Außerdem hab ich dir schon einmal gesagt: ich finde du kannst echt alles tragen. Jedes Teil wird bei deinem Lachen zum absoluten It-Piece. Du stehst mir außerdem auch oft helfend zur Seite und du hast mich nun bereits an zwei tolle Agenturen vermittelt – dafür möchte ich mich nochmal bedanken.
Ich freu mich darauf, noch weiter viele Arbeiten von dir zu sehen und drücke die Daumen, dich bald persönlich zu treffen.
Danke an alle tollen Fotografen, die diese schönen Bilder von Corinna machten und deren Arbeiten ich mir für dieses Interview geborgt habe.